Als Achtjähriger wurde Gelbard in der Wiener Leopoldstadt während der Pogromnacht im November 1938 schon von Nazis bedroht, vier Jahre später wurde er mit den Eltern nach Theresienstadt deportiert; die Nazis ermordeten 19 seiner Familienmitglieder. Gleich nach seiner Rückkehr 1945 musste er erste Erfahrungen mit dem Fortleben des Nazi-Ungeists in Wien machen. Schon 1946 nahmen Nazi-Studenten eine Vorlesung über die Geschichte der Juden im Mittelalter zum Anlass antisemitischer Tumulte. Rudi führte ab nun die Auseinandersetzung mit dem Neonazismus nicht mehr nur mit Worten. 1948 beteiligte er sich an der Sprengung der Gründerversammlung des „Verbands der Rückstellungsbetroffenen“ im Hotel Wimberger – mit diesem Verein wollten sich die Nazis, die jüdischen Besitz „arisiert“ hatten, dagegen zur Wehr setzen, dass sie diesen zurück geben sollten. Die ehemaligen Nationalsozialisten organisierten sich im „Verband der Unabhängigen“ (aus diesem VdU ging 1956 die FPÖ hervor). Im Februar 1955 wollte der VdU- Nationalratsabgeordnete Stüber im Hotel Münchnerhof in der Mariahilferstraße gegen die „jüdischen Forderungen an Österreich“ hetzen, während die österreichischen Rentner „hungerten“. Rudi Gelbard half tatkräftig mit, dass aus Stübers Versammlung nichts wurde.
Nach dem Abzug der Alliierten spürten die Neonazis Oberwasser. Zum 200. Geburtstag Friedrich Schillers marschierten die unterschiedlichsten Neonazi-Gruppen und „schlagenden“ Burschenschaften, teilweise in Uniform, auf, um wieder „Flagge zu zeigen“. Da die Polizei sie nicht daran hinderte, organisierten AntifaschistInnen Gegenkundgebungen – unter ihnen Rudi Gelbard, der auch an den tätlichen Auseinandersetzungen mit den Neonazis beteiligt war. Auf der Hochschule für Welthandel unterrichtete 1965 ein Professor Borodajkewicz, der seine Vorlesungen mit antisemitischen Bemerkungen „würzte“, was von den Nazi-Studenten mit johlendem Gelächter quittiert wurde – sie ließen sich von den Beifallskundgebungen für ihr Idol auch nicht abhalten, als Borodajkewicz vor laufenden Fernsehkameras sprach. Die Demonstrationen zur Abberufung des Professors durch den Unterrichtsminister und die Säuberung der Universitäten – 20 Jahre nach der Befreiung! – vom Nazi-Spuk am 29. und 31. März 1965 führten zu Straßenschlachten, an denen sich auch Rudi Gelbard beteiligte. Er musste erleben, wie ein Mitglied des Ringes freiheitlicher Studenten, Günther Kümel, vor dem Hotel Sacher den Antifaschisten Ernst Kirchweger, einen Verfolgten des NS-Regimes, erschlug. Die mit Holzlatten bewaffneten Nazi-Studenten hatten „Hoch Auschwitz!“ gebrüllt – Kirchweger löste sich aus dem Demonstrationszug, um den jungen Männern zu erklären, was für eine Ungeheuerlichkeit diese Losung war. Der Amateur-Boxer Kümel fühlte sich „bedroht“ und schlug zu. Das Gericht verurteilte ihn später wegen „Notwehrüberschreitung“…
Wenn Rudi Gelbard über diese für sein weiteres antifaschistisches Engagement entscheidenden Tage berichtete, hob er immer hervor, dass dieser Totschlag Österreich wach rüttelte und für einen kurzen Moment den antifaschistischen Konsens des Jahres 1945 wiederherstellte: Hinter dem Sarg Kirchwegers marschierte die halbe Bundesregierung, die ÖGB-Sitze und mehr als 25.000 Wienerinnen und Wiener; dieser 8. April 1965 wurde damit zur größten antifaschistischen Kundgebung seit 1945.
Vor allem seit seiner Pensionierung war Rudi Gelbard unermüdlich in Schulen unterwegs und sprach auf Kundgebungen. Er wurde zur gewichtigsten Stimme des „Bunds Sozialdemokratischer FreiheitskämpferInnen, Opfer des Faschismus und aktiver AntifaschistInnen“, wenn es um heutigen Antifaschismus und Erinnern an den Holocaust und andere Gräuel der Nazi-Diktatur ging. Der KZ-Verband fand in ihm immer einen wortgewaltigen Bündnispartner. Seit 2016 war Rudi Gelbard Ehrenmitglied des Landesverbands Wien des KZ-Verbands.
Unser Mitgefühl gilt seiner Witwe, wir teilen unsere Trauer mit den Sozialdemokratischen FreiheitskämpferInnen und allen AntifaschistInnen.