„Verbands-Jour Fixe“: Filmabend: „Das Verbrechen in Hadersdorf“

Am Dienstag den 22. Oktober 2024 zeigten wir am Verbands-Jour Fixe das von Renate Sassmann über Jahre gesammelte und gefilmte Material zu Hadersdorf.

Renate Sassmann beim Filmen in Hadersdorf während der jährlichen Gedenkfeier

Aus dem Programmheft zum Film:

Das Verbrechen in Hadersdorf (Begleitheft zu Renate Sassmanns Film, 2024)

Am 6. April 1945 wurden alle Häftlinge vom damaligen „Zuchthaus Stein“ (heute Justizanstalt) freigelassen – sie konnten u. a. aufgrund des Bombardements des Kremser Bahnhofs nicht mehr mit dem Nötigsten versorgt werden, und die Rote Armee war nur mehr einige Dutzend Kilometer entfernt.

Die Männer machten sich – zum Großteil noch in Häftlingskleidung und ohne Entlassungsdokumente – in Gruppen zu Fuß auf den Weg, nach Süden oder nach Nordosten. Die letztgenannte Gruppe, die entlang der Bahngleise nach Wien gelangen wollte, wurde im Laufe des 6. April vom Volkssturm und der Polizei in Hadersdorf am Kamp und in benachbarten Orten gefangen genommen und am 7. April der SS übergeben. Es dürfte sich dabei um Mitglieder der 3. SS-Panzer-Division „Totenkopf“ gehandelt haben. Die lokale Bevölkerung hatte sich am Einfangen der Männer („Kremser Hasenjagd“) beteiligt, ihr war von NSDAP-Funktionären eine „Revolte von Schwerverbrechern“ vorgegaukelt worden.

Am 7. April 1945 mussten die Gefangenen unter Misshandlungen ihr eigenes Grab ausheben und wurden anschließend erschossen. Der Befehl dazu kam von der „Gauleitung Niederdonau“. Wie aus den Exhumierungsprotokollen 1946 hervorgeht, handelt es sich bei 23 von 61 Ermordeten, die nachträglich identifiziert werden konnten, um aus politischen Gründen Inhaftierte. Ein ehemaliger Häftling überlebte das Massaker, da er, nach dem Grund seiner Haft befragt, ein „wirtschaftliches Delikt“ angab. Dabei handelte es sich jedoch um eine „Notlüge“, die ihm das Leben rettete. Tatsächlich war er wegen seiner illegalen Tätigkeit im kommunistischen Widerstand verurteilt worden.

Zu den Verbrechen in Hadersdorf am Kamp wurde 1947 ein eigener Volksgerichtsprozess geführt. Jene Ermordeten, deren Identitäten nicht festgestellt werden konnte, wurden in einem Massengrab in der Gruppe 40 am Wiener Zentralfriedhof bestattet.

Lückenhaftes Gedenken in Hadersdorf

Am Ort des grausamen Geschehens, dem Friedhof, erinnerte eine schlichte Holztafel an das Verbrechen. Diese Tafel wurde 1946 jedoch im Zuge der Exhumierung entfernt. Dann passierte in Hadersdorf Jahrzehnte lang – nichts. Erst etwa um die Jahrhundertwende, als Angehörige eines Ermordeten und Historiker beim Bürgermeister vorstellig wurden, kam Bewegung in die Sache. An der Friedhofsmauer wurde eine steinerne Tafel angebracht, die jedoch den Hinweis darauf, dass es sich um politische Häftlinge des Naziregimes handelte, unterließ. Es kam bei der feierlichen Eröffnung der „Gedenkstätte“ zum Eklat.

Würdiges Gedenken

Bis zum Anbringen einer würdigen Gedenktafel dauerte es Jahre. Und die um die KZ-Verbände Niederösterreich und Wien gebildete „Gedenkgruppe Hadersdorf“ brauchte viel Hartnäckigkeit – wiederholte Vorsprachen bei Gemeinde, Landesregierung und Volksanwaltschaft – sowie allerlei Aktionismus. Abschnitte des steinigen Wegs will diese Videodokumentation zeigen.

Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!

„Verbands-Jour Fixe“: Filmabend: „Die Kinder der Kämpfer

Für den 19. Juni 2024 luden wir zum „Verbands-Jour Fixe“ in unser Verbandslokal im Lassallehof. Wir zeigten den Film „Die Kinder der Kämpfer – Das Jahr 1934 und die Folgen für Österreich“, eine filmische Dokumentation von Fred & Georg Turnheim. Der Einladung folgten, trotz großer Hitze, überaus viele Freund*innen und Kamerad*innen, der Saal war bis auf die letzten Plätze gefüllt. Dass auch unser Landesobmann, Raoul Narodoslavsky, im Film als Interviewpartner vorkam, war für viele überraschend, jedenfalls für alle so erfreulich wie spannend. Wir danken den Machern des Films dafür, dass sie den Film zur Verfügung gestellt haben und sich im Anschluss auch den zahlreichen Fragen der Anwesenden nicht verwehrten.

Das „Verbands-Jour Fixe“ ist eine Möglichkeit für Mitglieder des Verbands zum politischen und persönlichen Austausch und Kennenlernen über die Generationen hinweg. Der nächste wird im Herbst sein.

Mehr Infos zum Film findet ihr hier: Link, wo der Film auch gekauft werden kann.

Jour Fixe: „Schutzbundkinder in der Sowjetunion“ 13.6. , 18.00

 

„Schutzbundkinder in der Sowjetunion“ und „ÖsterreicherInnen in der Roten Armee“
Präsentation zweier Dokumentationen mit Charlotte Rombach 

Was internationale Solidarität bedeutet, erfuhren 120 österreichische Kinder aller Altersstufen, deren Väter bzw. Eltern nach der Niederlage der österreichischen Arbeiter im Februar 1934 verhaftet, eingesperrt oder ermordet wurden. Sie erhielten, wie auch viele Schutzbundkämpfer, welche in die CSR fliehen konnten, von der Sowjetunion Asyl. Von der Stadt Moskau aufgenommen, in einem eigens für sie adaptierten Kinderheim untergebracht, verlebten sie dort einige sorglose Jahre. Als Kinder der „Helden des Februar 1934“ wurden sie verwöhnt, erhielten die Möglichkeit zu studieren oder einen Beruf zu erlernen. Das Leben der meisten Kinder nahm dann durch den Überfall Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion und den Ausbruch des 2. Weltkriegs eine unerwartete Wende. In den 12 Jahren Exil wurden viele von ihnen KommunistInnen, einige verteidigten ihre zweite Heimat in der Roten Armee.

Hier überschneiden sich die beiden Bücher – denn 15 Schutzbundkinder, die bereits Jugendliche waren, traten in der Sowjetunion nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf die SU der Roten Armee bei, kämpften als Partisanen in verschiedenen Formationen gegen die Faschisten.

In dem Buch über Österreicher in der Roten Armee führe ich 122 Biografien von Schutzbundkämpfern und Antifaschisten an, von denen die meisten an den Februarkämpfen 1934 teilgenommen haben. Viele von ihnen kämpften danach in Spanien in den Internationalen Brigaden gegen die Franco-Faschisten. In der Sowjetunion setzten sie in der Roten Armee ihren Kampf gegen den Faschismus fort.

Mit der Biografie meines Vaters, Heribert Hütter, zeige ich den Werdegang eines einfachen Buben vom Land zu einem politischen Menschen – sozialdemokratischer Gewerkschafter, Schutzbundkämpfer, Kommunist, in der Sowjetunion Rotarmist, antifaschistischer Lehrer und nach 1945 Arbeiterfunktionär in Österreich.

Charlotte Rombach