Landessekretär Ernst Wolrab durfte gestern den 1. Ernst Kirchweger Preis an Hasan Ulukisa für sein Projekt „fragments of resistance“ zu Paul Vodicka verleihen. Wir gratulieren ihm recht herzlich!
Die Audioinstallation ist noch bis Samstag, 14. August, im Studio der Soho in Ottakring (Liebknechtgasse 32) von 16 bis 20 Uhr zu sehen
Mit schönen Worten hat der Landessekretär Ernst Wolrab die Wichtigkeit des Preises betont:
„Sehr geehrte Damen und Herrn, liebe Kameradinnen und Kameraden werte Jury-Mitglieder, werter Preisträger!
Es ist mir eine Ehre, in Vertretung unserer Landesobfrau und Bundesvorsitzenden Dagmar Schindler anlässlich des Ernst Kirchweger Preises zu euch zu sprechen. Ich möchte darauf eingehen, wie es zur Ausschreibung dieses Preises gekommen ist:
Ernst Kirchweger war zeitlebens ein aktiver Antifaschist,wurde während einer Demonstration am 31. März 1965 durch die Hand eines Rechtsextremisten, der faschistische Parolen grölte, niedergeschlagen, weil er im Sinne der Aufklärung mit ihm reden wollte. Am 2. April 1965 erlag Ernst Kirchweger seinen schweren Verletzungen. Er ist damit das erste Todesopfer politischer Gewalt in der Zweiten Republik. Sein Begräbnis vereinte 25.000 Menschen, unter ihnen die halbe Bundesregierung und die Führung des ÖGB, zu einer Trauerfeier, die zu einer eindrucksvollen antifaschistischen Kundgebung wurde. 2019 sollte sein Grabstein am Zentralfriedhof aufgelöst werden. Durch einen Mitarbeiter des Zentralfriedhofs erfuhren wir vom Verband davon und leiteten sofort eine Spendenaktion zur Rettung eines Ehrengrabes ein. Die Aktion selbst war so erfolgreich, dass nach Bezahlung des Grabes und Sanierung des Grabsteines noch eine beträchtliche Summe über blieb. Der Wiener Landesvorstand entschloss sich daraufhin, dieses Geld im Sinne Ernst Kirchwegers zu verwenden und rief den Gedenk-Preis ins Leben.
Der gestiftete Preis soll antifaschistische, kritische Arbeit von Jugendlichen für Jugendliche in den Mittelpunkt stellen, Aufklärungsarbeit leisten, genau so wie dies Ernst Kirchweger 1965 beabsichtigte. Warum finden wir gerade diese Arbeit in der heutigen Zeit so wichtig?
Die Zweite Republik ist auf einer Geschichte von Nichterinnern und Vergessen aufgebaut. Nur langsam hat sich die Erinnerung einen Weg ins Bewusstsein in Teilen dieses Landes verbreitet. Sie ist immer und immer wieder verbunden mit der Unmöglichkeit, das Grauen dauerhaft zu verdrängen, weil es sich durch die Ritzen der Gesellschaft drängt. Erinnerung in Österreich ist verbunden mit Namen und Ereignissen von Tätern: u.a. mit dem Fall Murer, mit Taras Borodajkevic, mit dem Namen Friedrich Peter, mit Walter Reder, mit der Präsidentschaftskandidatur Kurt Waldheims, mit Friedrich Gross, mit Franz Fuchs. Was will man damit unserer Jugend sagen, unserer Jugend für die Zukunft mitgeben?
Gleichzeitig wissen wir alle, die hier stehen, dass Rechtsextreme in den letzten Jahren wieder einen Auftrieb erhalten haben, auch mit Unterstützung der Regierungen. Nicht nur bei uns. In ganz Europa. Dass diese Politik des Rassismus und der Hasspropaganda gegen Andersdenkende, MigrantInnen, Menschen auf der Flucht, zu einer Stimmung des Misstrauens und der Vernaderung geführt hat. Dieser Ernst Kirchweger Preis steht also nicht nur für Erinnerung, sondern auch für die Aufklärung der Jugend, von und für die Jugend, um zu zeigen, welche Folgen es hat, wenn Entsolidarisierung und Spaltung der Gesellschaft Oberhand gewinnen, und wie wichtig Solidarität ist. Da sind wir Menschen, in all unserer Unterschiedlichkeit, mit allem, was uns ausmacht, was jeder einzelne von uns mitbringt. Und dieses „Da-Sein“ im doppelten Sinn des Wortes gehört zu uns, weil wir alle Menschen sind. Weil wir alle anders sind und niemand gleich. Und weil uns als Menschen eines verbindet; uns alle ausnahmslos verbindet: Dass wir ein Recht haben, zu sein, zu leben. Und dass niemand – gar niemand – das Recht hat, uns, oder auch nur einzelne von uns Menschen, dieses besondere, dieses unteilbare, dieses allgemeingültige und vor allem unveräußerliche Recht auf Sein und auf ein friedliches Da-Sein in Würde zu nehmen.
Um die vor kurzen verstorbene Esther Bejerano zu zitieren:
Wir sind nicht verantwortlich für das, was damals geschah, aber wir sind verantwortlich dafür, dass es nicht wieder geschieht.
Daher nutzen wir den Ernst Kirchweger Preis, dass Rassismus und Ignoranz keine Chance mehr haben.
Niemals Vergessen. Nie wieder Faschismus.
Danke für Ihre Aufmeksamkeit.“ – Ernst Wolrab
Bilder des Abends: