Gedenkfeier 80 Jahre Befreiung Wiens vom Naziterror – April 1945

Am 5. April 2025 veranstaltete der KZ-Verband Wien im Rahmen der ARGE der NS-Opferverbände eine Gedenkfeier im Sandleitenhof in Ottakring. Ursprünglich war die Veranstaltung am Matteottiplatz geplant, wurde jedoch aufgrund der unsicheren Wetterlage in die Räumlichkeiten des Kunst- und Kulturvereins SoHo Ottakring verlegt. Die Anreise zur Gedenkfeier erfolgte dem Anlass entsprechend mit einer historischen Straßenbahn. Während der Fahrt bot Kamerad Landessekretär Mathias Lichtenwagner eine historische Kontextualisierung zu Verfolgung, Widerstand und Befreiung.

Den Hauptteil der Gedenkfeier bildete eine hochkarätig besetzte Lesung aus dem 2020 erschienenen Buch „Sandige Leiten. Rote Saat.“ des Antifaschisten und Vorstandsmitglieds des KZ-Verbands Wien, Rudi Burda. Das Buch erzählt die Geschichte der Gruppe rund um Heini Klein, die in den Apriltagen 1945 dazu beitrug, ein weiteres sinnloses Blutvergießen zu verhindern und Ottakring und Hernals friedlich an die Alliierten zu übergeben.

In seinem Roman verknüpft Rudi Burda die Erinnerungen seiner Eltern und ihrer Genoss*innen aus dem antifaschistischen Widerstand rund um Sandleiten mit fiktiven Erzählungen, deren verbindendes Motiv die gelebte Solidarität unter schwierigsten Bedingungen ist.

Für die Lesung konnten Gabriele Schmoll, Erika Deutinger, Raimund Brandner, August Schmölzer, Vera Albert und Vorstandsmitglied Elias Gassner gewonnen werden. Die musikalische Gestaltung übernahmen Tomáš Novák und Paul Schuberth. Mit ihren Instrumenten und den dargebotenen Stücken unterstrichen sie den Charakter der Veranstaltung – mahnend, aber auch lebensbejahend und hoffnungsvoll – passend zu den letzten Kriegstagen im Jahr 1945. Dank und Anerkennung dem antifaschistischen Widerstand!

Im Rahmen der Gedenkveranstaltung wurde zudem der diesjährige Ernst-Kirchweger-Gedenkpreis verliehen – anlässlich seiner Ermordung vor 60 Jahren. Der mit 1.000 Euro dotierte Preis ging an das Antifa Camp Kärnten/Koroška und wurde von Kamerad Friedl Garscha überreicht. Wir gratulieren herzlich!

Buchtipp: Rudi Burda: Sandige Leiten, rote Saat. Widerstand im Westen Wiens. Wien: Verlag der Theodor Kramer Gesellschaft 2020. 120 S. ISBN 978-3-901602-91-7

1. Ernst Kirchweger Preis wurde verliehen

Landessekretär Ernst Wolrab durfte gestern den 1. Ernst Kirchweger Preis an Hasan Ulukisa für sein Projekt „fragments of resistance“ zu Paul Vodicka verleihen. Wir gratulieren ihm recht herzlich!

Die Audioinstallation ist noch bis Samstag, 14. August, im Studio der Soho in Ottakring (Liebknechtgasse 32) von 16 bis 20 Uhr zu sehen

Der Preisträger Hasan Ulukisa bei der Preisverleihung mit KZ-Verband und Jury-Mitgliedern

Mit schönen Worten hat der Landessekretär Ernst Wolrab die Wichtigkeit des Preises betont:

„Sehr geehrte Damen und Herrn, liebe Kameradinnen und Kameraden werte Jury-Mitglieder, werter Preisträger!

Es ist mir eine Ehre, in Vertretung unserer Landesobfrau und Bundesvorsitzenden Dagmar Schindler anlässlich des Ernst Kirchweger Preises zu euch zu sprechen. Ich möchte darauf eingehen, wie es zur Ausschreibung dieses Preises gekommen ist:

Ernst Kirchweger war zeitlebens ein aktiver Antifaschist,wurde während einer Demonstration am 31. März 1965 durch die Hand eines Rechtsextremisten, der faschistische Parolen grölte, niedergeschlagen, weil er im Sinne der Aufklärung mit ihm reden wollte. Am 2. April 1965 erlag Ernst Kirchweger seinen schweren Verletzungen. Er ist damit das erste Todesopfer politischer Gewalt in der Zweiten Republik. Sein Begräbnis vereinte 25.000 Menschen, unter ihnen die halbe Bundesregierung und die Führung des ÖGB, zu einer Trauerfeier, die zu einer eindrucksvollen antifaschistischen Kundgebung wurde. 2019 sollte sein Grabstein am Zentralfriedhof aufgelöst werden. Durch einen Mitarbeiter des Zentralfriedhofs erfuhren wir vom Verband davon und  leiteten sofort eine Spendenaktion zur Rettung eines Ehrengrabes ein. Die Aktion selbst war so erfolgreich, dass nach Bezahlung des Grabes und Sanierung des Grabsteines noch eine beträchtliche Summe über blieb. Der Wiener Landesvorstand entschloss sich daraufhin, dieses Geld im Sinne Ernst Kirchwegers zu verwenden und rief den Gedenk-Preis ins Leben.

Der gestiftete Preis soll antifaschistische, kritische Arbeit von Jugendlichen für Jugendliche in den Mittelpunkt stellen, Aufklärungsarbeit leisten, genau so wie dies Ernst Kirchweger 1965 beabsichtigte. Warum finden wir gerade diese Arbeit in der heutigen Zeit so wichtig?
Die Zweite Republik ist auf einer Geschichte von Nichterinnern und Vergessen aufgebaut. Nur langsam hat sich die Erinnerung einen Weg ins Bewusstsein in Teilen dieses Landes verbreitet. Sie ist immer und immer wieder verbunden mit der Unmöglichkeit, das Grauen dauerhaft zu verdrängen, weil es sich durch die Ritzen der Gesellschaft drängt. Erinnerung in Österreich ist verbunden mit Namen und Ereignissen von Tätern: u.a. mit dem Fall Murer, mit Taras Borodajkevic, mit dem Namen Friedrich Peter, mit Walter Reder, mit der Präsidentschaftskandidatur Kurt Waldheims, mit Friedrich Gross, mit Franz Fuchs. Was will man damit unserer Jugend sagen, unserer Jugend für die Zukunft mitgeben?

Gleichzeitig wissen wir alle, die hier stehen, dass Rechtsextreme in den letzten Jahren wieder einen Auftrieb erhalten haben, auch mit Unterstützung der Regierungen. Nicht nur bei uns. In ganz Europa. Dass  diese Politik des Rassismus und der Hasspropaganda gegen Andersdenkende, MigrantInnen, Menschen auf der Flucht, zu einer Stimmung des Misstrauens und der Vernaderung geführt hat. Dieser Ernst Kirchweger Preis steht also nicht nur für Erinnerung, sondern auch für die Aufklärung der Jugend, von und für die Jugend, um zu zeigen, welche Folgen es hat, wenn Entsolidarisierung und Spaltung der Gesellschaft Oberhand gewinnen, und wie wichtig Solidarität ist. Da sind wir Menschen, in all unserer Unterschiedlichkeit, mit allem, was uns ausmacht, was jeder einzelne von uns mitbringt. Und dieses „Da-Sein“ im doppelten Sinn des Wortes gehört zu uns, weil wir alle Menschen sind. Weil wir alle anders sind und niemand gleich. Und weil uns als Menschen eines verbindet; uns alle ausnahmslos verbindet: Dass wir ein Recht haben, zu sein, zu leben. Und dass niemand – gar niemand – das Recht hat, uns, oder auch nur einzelne von uns Menschen, dieses besondere, dieses unteilbare, dieses allgemeingültige und vor allem unveräußerliche Recht auf Sein und auf ein friedliches Da-Sein in Würde zu nehmen.

Um die vor kurzen verstorbene Esther Bejerano zu zitieren:

Wir sind nicht verantwortlich für das, was damals geschah, aber wir sind verantwortlich dafür, dass es nicht wieder geschieht.

Daher nutzen wir den Ernst Kirchweger Preis,  dass Rassismus und Ignoranz keine Chance mehr haben.

       Niemals Vergessen. Nie wieder Faschismus.

       Danke für Ihre Aufmeksamkeit.“ – Ernst Wolrab

Bilder des Abends:

1. Verleihung des ERNST-KIRCHWEGER Preises

Der KZ-Verband Wien/VdA Wien darf den 1. ERNST-KIRCHWEGER-PREIS an Hasan Ulukisa für sein Projekt „fragments of resistance“ – eine Audioinstallation zu dem Widerstandskämpfer Paul Vodicka – verleihen. Im Rahmen der Preisverleihung der Preisträger uns seine Installation präsentieren. Anschließend gibt es noch 2 Tage lang im SOHO in Ottakring die Möglichkeit die Audioinstallation selbst auch anzusehene und -hören.

Wann? 12. August 2021 um 18 Uhr

Wo? Studio der Soho in Ottakring, Liebknechtgasse 32, 1160 Wien

Programm:

  • Rede des Jury-Vorsitzenden Dr. Winfried R. Garscha
  • Rede des KZ-Verband Wien Sekretärs Ernst Wolrab
  • Verleihung des Preises mit anschließender Rede des Preisträgers Hasan Ulukisa
  • Lesung Rudi Burda über Paul Vodicka

Bitte die Corona-Bestimmungen einhalten, d.h. nur geimpft oder frisch getestet!

Die Facebook Veranstaltung findet ihr unter folgendem Link:

https://fb.me/e/16QAHRvpC

Audioinstallation „fragments of resistance“, Foto: Hasan Ulukisa

„Mit dieser Audioinstallation sollen Ereignisse rund um die Befreiung
Wiens 1945 in Erinnerung gerufen werden: An historisch wichtigen
Plätzen auf einer interaktiven Stadtkarte können Tonspuren mit
historischen Bezügen und persönlichen Erinnerungen Paul Vodickas,
Zeitzeuge und Widerstandskämpfer, abgerufen werden. Mit meiner
Arbeit möchte ich für eines der Ereignisse, die häufig keine bis kaum
Erwähnung in der österreichischen Geschichtsschreibung finden,
sensibilisieren. Paul Vodicka war nicht nur Zeitzeuge, sondern auch aktiver
Widerstandskämpfer. Gemeinsam mit seiner Gruppe des KJV-44 gelang
es SS-Soldaten kampflos zu entwaffnen und somit auch West-Wien ohne
signifikante Kampfhandlungen an die Befreiermächte zu übergeben. Paul
Vodicka und seine FreundInnen kämpften für ein demokratisches, freies
und unabhängiges Österreich.“ – Hasan Ulukisa

Ausstellung im Studio der Soho in Ottakring:

  • Am Donnerstag, 12. August von 18:00 bis 20:00
  • Am Freitag, 13. August von 16:00 bis 20:00
  • Am Samstag, 14. August von 16:00 bis 20:00