Gedenktafeln in Wien

Zahlreiche Gedenktafeln in Wien erinnern an Personen, die dem Faschismus zum Opfer fielen. Als Auftraggeber dieser Gedenkstätten fungieren, neben dem KZ-Verband, KZ-Lagergemeinschaften, politische Parteien, Bezirksvertretungen u.ä.Gruppierungen.

Im Frühjahr 2014 wurden Mahn- und Gedenktafeln in Wien fotografiert. Die folgende Übersicht erfasst alle jene Tafeln, die entweder vom KZ-Verband oder einer Lagergemeinschaft angebracht wurden. Sie sind alphabetisch geordnet nach den Personen, derer gedacht wird.

Als Quelle für die Informationen diente „Gedenken und Mahnen in Wien 1934-1945“, Hrsg. Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, Wien 1998.

Alberstetter Karl | Foto & Information
Biedermann Karl | Foto & Information
Burger Ernst | Information
Deutsch Arnold | Foto & Information
Friemel Rudolf | Foto & Information
Führer Ludwig | Foto & Information
Grünbaum Fritz | Foto & Information
Hedrich Fritz | Foto & Information
Hodac Karl | Foto & Information
Huth Alfred | Foto & Information
Kalis Franz | Foto & Information
Kaspar Franz | Foto & Information
Klahr Alfred | Foto & Information
Kohn Robert | Foto & Information
Konopicky Anton | Foto & Information
Konopicky Therese | Foto & Information
Krivanek Karl | Foto & Information
Mastny Fritz | Foto & Information
Nirschl Johann | Foto & Information
Raschke Rudolf | Foto & Information
Schopf Walter | Foto & Information
Sebek Franz | Foto & Information
Sebesta Johann | Foto & Information
Sokopp Johann | Foto & Information
Stelzel Franz | Foto & Information
Vesely Ludwig | Foto & Information
Wehofschitz Otto | Foto & Information

Mahnmal für namentlich nicht differenzierte Personengruppen

Morzinplatz | Foto & Information

„Umschreiben“ der Geschichte des Zweiten Weltkrieges im siebzigsten Jahr der Befreiung

Das „Umschreiben“ der Geschichte des Zweiten Weltkrieges nimmt in einigen Staaten der Europäischen Union Formen an, die den Organisationen der Überlebenden und der Angehörigen der Opfer nicht gleichgültig sein können. Vor wenigen Tagen hat die Fédération Internationale des Résistants (FIR) an die polnische Regierung in einem Offenen Brief appelliert, die Nicht-Einladung des russischen Staatspräsidenten zur internationalen Gedenkverstanstaltung anlässlich des 70. Jahrestages der Befreiung des KZ und Vernichtungslagers Auschwitz durch sowjetische Truppen zu überdenken. Doch die polnische Entscheidung fügt sich ein in eine Reihe bedenklicher Entwicklungen sowohl innerhalb der EU als auch in Ländern, deren Regierungen von der EU unterstützt werden. Die Leitung des Wiener KZ-Verbands hat im Mitglieder-Rundbrief vom Jänner 2015 dazu Stellung genommen:

Deutsche Regierung schweigt zu grotesker Geschichtsverdrehung von Jazenjuk im deutschen Fernsehen
Eine ganz spezielle Form von Geschichtsunterricht erteilte der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk am 7. Jänner in einem Fernsehinterview anlässlich seines Besuchs bei Bundeskanzlerin Merkel. Die Vertreibung der Deutschen Wehrmacht aus der UdSSR, einschließlich der Ukraine, und die Rettung der letzten Überlebenden der Konzentrations- und Vernichtungslager durch die Rote Armee sei keine Befreiung, sondern ein Akt russischer Aggression gewesen: „Wir“, meinte Jazenjuk, „können uns alle sehr gut an den sowjetischen Einmarsch in die Ukraine und nach Deutschland erinnern“. Etwas Ähnliches, deutete er an, müssen man auch in der Gegenwart „vermeiden“.
Tatsächlich „marschierte“ die Rote Armee in das nationalsozialistische „Reichskommissariat Ukraine“ ein, in dem ukrainischen Faschisten sich bei der Ermordung der jüdischen (und in der Westukraine auch polnischen) Bevölkerung besonders hervortaten. Ungewollt stellte der ukrainische Ministerpräsident damit auch all jene bloß, die die Sorge vor dem Einfluss rechtsextremer Kräfte auf die Politik der gegenwärtigen ukrainischen Regierung als „russische Propaganda“ abtun.

„Totalitarismusgedenktag“ statt Holocaustgedenktag
2009 hat das EU-Parlament beschlossen, an die Stelle des Holocaustgedenktages am 27. Jänner einen für alle EU-Länder verbindlichen „Gedenktag für die Opfer totalitärer und autoritärer Regime“ am 23. August einzuführen. Steht der 27. Jänner für die Befreiung des KZ Auschwitz durch die Rote Armee am 27.1.1945, so soll der 23. August an die Unterzeichnung des so genannten „Hitler-Stalin-Pakts“ durch die Außenminister Deutschlands und der Sowjetunion am 23.8.1939 erinnern, der geheime Abmachungen über dritte Staaten, darunter die baltischen Republiken und Polen, enthielt. Damit soll die Verantwortung für die Entfesselung des Zweiten Weltkrieges zu gleichen Teilen auf Hitlerdeutschland und die UdSSR aufgeteilt werden — gerade so, als hätte es das so genannte „Münchner Abkommen“ nicht einmal ein Jahr zuvor nicht gegeben, in dem sich England und Frankreich mit Hitlerdeutschland darauf einigten, die mit ihnen verbündete Tschechoslowakei zu zerstückeln.
Trotz starken politischen Drucks ist der „Totalitarismusgedenktag“ weitgehend unbeachtet geblieben. Nun hat aber Polen die aktuellen Auseinandersetzungen der EU mit Russland als Möglichkeit begriffen, die Erinnerung an den überragenden Anteil der sowjetischen Armee an der Befreiung Europas 1944/45 langfristig auszulöschen. Die erste Gelegenheit hierzu bietet die Gedenkfeier in Auschwitz am 27.1.2015:

70 Jahre Befreiung von Auschwitz: Polnische Regierung lädt statt des russischen den deutschen Präsidenten zum Festakt
Der russische Präsident wurde zu den Feierlichkeiten anlässlich des 70. Jahrestages der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers nicht eingeladen. Die internationale Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) verlangt in einem Offenen Brief, diese Entscheidung noch einmal zu überdenken: „Die polnische Regierung mag ja politische Differenzen zur heutigen Politik Russlands haben, aber es ist eine Missachtung nicht nur der militärischen Befreiungsleistung der sowjetischen Streitkräfte, sondern aller Menschen, die sich in den Reihen der Anti-Hitler-Koalition für die Befreiung ihres jeweiligen Landes eingesetzt haben, wenn aus kurzsichtigem politischem Kalkül historische Wahrheiten geleugnet oder verfälscht werden.“ Für besonders schockierend hält die FIR die Tatsache, dass derjenige Staat, „der sich selber in der Rechtsnachfolge des verbrecherischen Regimes des deutschen Faschismus sieht, nämlich die Bundesrepublik Deutschland, mit ihrem höchsten Repräsentanten zu diesem Festakt eingeladen ist.“

Polizeigewalt gegen Antifa-Demo: KZ-Verband fordert Aufklärung und Abberufung der Verantwortlichen

Am Samstag, dem 17. Mai 2014, lieferte die Wiener Polizei neuerlich den Beweis, dass sie beim Schutz rechter bis rechtsextremer Kundgebungen von Anfang an gewaltsam vorgeht und bei Gewalttätigkeiten von Gegendemonstranten nicht versucht, zu de-eskalieren, sondern diese benützt, um hinterher die eigene Gewalt zu rechtfertigen. Dass sich das Gerücht, eine der misshandelten Demonstrantinnen habe eine Fehlgeburt erlitten, als unrichtig erwies, ist für die Polizei der Beweis, dass alle in Fotos, Videos und zahlreichen Zeugenaussagen dokumentierten Übergriffe haltlose Beschuldigungen seien. Auch diesmal versuchte die Polizei, die Berichterstattung zu beeinflussen und JournalistInnen daran zu hindern, das Vorgehen der Exekutive aus der Nähe zu beobachten.
Der KZ-Verband Wien fordert eine unabhängige Untersuchung und die Abberufung der Verantwortlichen, die schon für die Eskalation der Gewalt bei der Kundgebung gegen den „Akademiker“-Ball im Jänner 2014 verantwortlich waren.

An diesem Samstag hatte eine neue rechtsextreme Gruppierung ihren Auftritt in Wien: Die „Identitären“. Das Besondere an dieser Gruppierung erklärte der Experte für Weltverschwörungstheorien und neue rechte Bewegungen Roman Schweidlenka, Sektenbeauftragter des Landes Steiermark, in einem Gespräch mit der Tageszeitung „Der Standard„: Die Rechtsradikalen seien heute nicht mehr unbedingt an Glatze und Uniformen erkennbar, „Aktionsformen und Outfit klauen sie sich von den Linken, das ist nicht neu, das gab es schon in der NS-Zeit, als Nazis linke Arbeiterrituale übernahmen und ihre Ideologie hineinstopften. Heute gibt es Rechtsextreme mit langen Haaren und Palästinenserschal auch, das machen die ganz bewusst so.“
Die Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl („Offensive gegen Rechts“) hat vor kurzem gemeinsam mit Kathrin Glösel und Julian Bruns das Buch „Die Identitären. Handbuch zur Jugendbewegung der Neuen Rechten in Europa“ herausgebracht. Bei der Buchpräsentation am 7. Mai an der Grazer Universität haben sich, wie sie auf ihrer Web-Site berichtete, rund ein Dutzend „Identitäre“ gewaltsam Zutritt zum Veranstaltungsraum verschafft. Die herbeigerufene Polizei sei sehr freundlich gewesen und habe die Störaktion ernst genommen, ebenso der Verfassungsschutz. Auf diese Weise war es möglich, die „Identitären“ aus dem Saal zu befördern bzw. in einen neuen umzuziehen, wo die Veranstaltung schließlich mit eineinhalb Stunden Verspätung beginnen konnte. In Wien hingegen, sagte sie in einem „Standard„-Interview, fühle sie sich „nicht so ernst genommen.“ Hier wurde ihre Küchenfensterscheibe mit einem Luftdruckgewehr beschossen, die „Identitären“ machten sich auf ihrer Web-Site darüber lustig, dass die Polizei keine Patronen fand.

In Wien wurde am 17. Mai die Kundgebung von rund 100 „Identitären“ durch ein Großaufgebot von rund 500 Polizisten vor den 400 TeilnehmerInnen einer Gegendemonstration beschützt, die von der „Offensive gegen Rechts“ angemeldet war. Die Übergriffe von Demonstranten (darunter Steinwürfe) gegen die Polizisten, die sich zu einem späteren Zeitpunkt ereigneten, sind zu verurteilen, machen aber die in einer Fülle von Augenzeugenberichten belegten Polizeibrutalitäten gegen die TeilnehmerInnen an der antifaschistischen Gegendemonstration nicht ungeschehen. Außerdem fragt man sich, warum die mit gewaltiger Übermacht ausgerückte Polizei diese Gewalttaten einzelner Demonstranten (gegen die die Polizisten durch ihre Schilde gut geschützt waren) zwar filmen konnte, aber nicht in der Lage war, sie zu verhindern. Der Verdacht, dass hier (nicht zum ersten Mal!) durch den Einsatz von Provokateuren versucht wurde, die Öffentlichkeit zu desinformieren und die friedlichen TeilnehmerInnen zu kriminalisieren, steht im Raum, zumal seitens der Polizei das gewaltlose Hinsetzen auf eine Straße („Sitzblockade“) mit dem Einsatz von Steinschleudern und Pflastersteinen auf eine Stufe gestellt wurde.
Zur Desinformationspolitik der Polizei gehört auch die Behauptung, ein Geschäftslokal, in dem ein gringfügiger Schaden verursacht wurde, sei „verwüstet“ worden. In einer TV-Konfrontation zwei Tage später von einer Journalistin darauf angesprochen, wie eine „Verwüstung“ aussehe, deren Schaden nicht mehr als 200 Euro betrage, verweigerte Oberst Johann Golob, Pressechef der Bundespolizeidirektion Wien, die Antwort. Da Polizeibeamten sich in der Regel gesetzwidrig weigern, die Dienstnummer bekannt zu geben, verlangten die Grünen, das Tragen der Nummer auf der Uniform, das in zahlreichen Staaten üblich ist, auch in Österreich einzuführen. Innenministerin Mikl-Leitner erklärte darauf, sie sei nicht bereit, die Polizei mit „Nummerntafeln“ zu kennzeichnen, die es ermöglichen würden, dass „einzelne Beamte und Beamtinnen vernadert werden“. Dass die FPÖ-Gewerkschaft AUF forderte, statt der Polizisten Demonstranten zu kennzeichnen, ist wohl ein verspäteter schlechter Faschingsscherz. Der – von der Polizeigewerkschaft umgehend abgelehnte – Vorschlag von Mikl-Leitner, Polizisten bei derartigen Einsätzen mit automatisch filmenden Videokameras auszurüsten, um die Dokumentation zu objektivieren, erscheint hingegen diskutierenswert.

Am Mittwoch, 28. Mai, wird der KZ-Verband Wien im Rahmen seines monatlichen Treffens die verschiedenen Aktionsformen des Antifaschismus heute sowie den Umgang mit Polizeigewalt und Kriminalisierung von öffentlichem Protest diskutieren. (18.00 bis 19.30 Uhr, Lassallestr. 40/2/2/6)

LINKS:

Bilder

Stellungnahme der Offensive gegen Rechts

Stellungnahme der Sozialsprecherin der Grünen, Birgit Hebein

Stellungnahme der Wahlplattform Europa Anders

Stellungnahme der Kommunistischen Gewerkschaftsinitiative

Erlebnisbericht eines Mitglieds der Sozialistischen Jugend Wien-Hernals

Bericht der Österreich-Ausgabe des kanadisch-britischen Polit-Magazins „Vice“

Bericht der Wiener Tageszeitung „Der Standard“ vom 19.5.2014 („Über hundert Anzeigen und Kritik am Vorgehen der Polizei: Grüner Albert Steinhauser fordert Kennzeichnungspflicht für Beamte, bekannter Rechtsextremist Reinthaler Seite an Seite mit Identitären„)