Internationaler Tag des Gedenkens an den Genozid an den Sinti und Roma

2. August 2021 Ceija-Stojka-Platz – Rede von Ernst Wolrab, Bundessekretär

Ernst Wolrab, Bundessekretär – bei der Rede zum Gedenken an Genozid der Roma und Sinti

„Ich bedanke mich für die Möglichkeit, in Zusammenhang mit dieser Veranstaltung die Geschichte dieses Parks, seiner BewohnerInnen und seiner Überlebenden, kennenlernen zu dürfen. Und es ist mir eine Freude, dass mein erster Auftritt als neuer Bundessekretär des KZ-Verbands Österreichs der Antifaschist*innen und Widerstandskämpfer*innen – gerade hier bei euch stattfindet, an einem Ort, an dem noch gesprochen werden kann im Gedenken an Menschen, die hier gelebt haben, ehe sie verschleppt und ermordet wurden. Gesprochen kann nur werden, weil die Vertreiber, die Verschlepper, die Mörder zwar vertrieben, verschleppt und ermordet haben, aber weil sie besiegt wurden. Und weil sie ihr Ziel, die völlige Vernichtung von Menschen, denen sie kein „Menschsein“ zubilligen wollten, nicht erreicht haben. Weil Menschen überlebt haben, um zu erzählen, um hierher zurückzukommen. Um hier zu sein. Um da zu sein.

Mit Erinnerungen ist es bisweilen so eine Sache: Sie hat Konjunkturen. Sie können völlig verschwunden sein, und doch wieder kommen. Die Zweite Republik ist auf einer Geschichte von Nichterinnern und Vergessen aufgebaut. Nur langsam hat sich die Erinnerung einen Weg ins Bewusstsein in Teilen dieses Landes verbreitet. Sie ist immer und immer wieder verbunden mit der Unmöglichkeit, das Grauen dauerhaft zu verdrängen, weil es sich durch die Ritzen der Gesellschaft drängt. Erinnerung in Österreich ist verbunden mit Namen und Ereignissen von Tätern: u.a. mit dem Fall Murer, mit Taras Borodajkevic, mit dem Namen Friedrich Peter, mit Walter Reder, mit der Präsidentschaftskandidatur Kurt Waldheims, mit Friedrich Gross, mit Franz Fuchs, mit dem Mord an Menschen, die aus keinem anderen Grund ermordet wurden, als weil sie Roma waren.

Und wenn wir heute und hier stehen können – so wissen wir alle, dass die letzten Jahre, ganz besonders in Zusammenhang mit der Regierung Orban und dem Aufstieg der Rechtsextremisten in Ungarn, aber auch einfacher, fast schon alltäglicher Hasspropaganda gegen Roma u.a. in der Slowakei, in Tschechien,  in Rumänien und anderen Ländern Osteuropas, dass also zusammen mit dieser Hasspropaganda auch Erinnerungsdiskurse zur impliziten Rechtfertigung des Massenmordes an Roma und Sinti aus dem Dunkel des intellektuellen Versteckens an die Oberfläche des öffentlichen Diskurses kommen.

Wir sind hier am Ceija-Stojka Platz, um gemeinsam mit Freundinnen und Freunden, der Ermordeten dieser unbeschreiblichen Nacht vom 2. August 1944 zu gedenken.

2.900 – 4.300 Roma und Sinti wurden in wenigen Stunden ermordet, dieser unsterblichen Opfer gedenken wir heute hier. Wie in den letzten Jahren ist aber auch ein wichtiger Teil des Gedenkens, gemeinsam das Leben zu feiern.

Wir stehen also nicht nur hier, um zu erinnern, sondern auch zu zeigen: Da sind Menschen, in all ihrer Unterschiedlichkeit, mit allem, was sie ausmacht, was sie mitbringen. Und dieses „Da-Sein“ im doppelten Sinn des Wortes gehört zu uns, weil wir alle Menschen sind. Weil wir alle anders sind und niemand gleich. Und weil uns als Menschen eines verbindet; uns alle ausnahmslos verbindet: Dass wir ein Recht haben, zu sein, zu leben. Und dass niemand – gar niemand – das Recht hat, uns, oder auch nur einzelne Menschen, dieses besondere, dieses unteilbare, dieses allgemeingültige und vor allem unveräußerliche Recht auf Sein und auf ein Da-Sein in Würde zu nehmen.

Ich darf hier an ein Zitat von Ceija Stojka erinnern „Es ist schon lange her, aber damals geschah es doch“. Wir wissen, dass dieses unfassbare Grauen des nationalsozialistischen Regimes geschehen konnte, wir wissen auch WIE es geschah. Es waren der Rassismus, der Hass, die Ausgrenzung und die Vorurteile gegenüber Menschen, die vom herrschenden System geschürt wurden.

Damals geschah es doch, lassen wir nicht zu, dass es wieder geschehen kann. Arbeiten wir zusammen, um den Rassismus und den Hass nicht noch weiter in die Mitte der Gesellschaft vordringen zu lassen. Lassen wir uns den Zusammenhalt und die Menschlichkeit nicht nehmen.

In Erinnerung und tiefem Respekt vor den Opfern der Nazidiktatur stehen wir gemeinsam hier. Lasst uns gemeinsam dafür kämpfen, dass der ermordeten Roma und Sinti auch in Wien durch ein Mahnmal gedacht wird.

Ich danke euch.

Niemals vergessen. Nie wieder Faschismus.“

– Ernst Wolrab, Bundes- und Landessekräter KZ-Verband Österreich und Wien

Gedenken 2021 der Opferverbände an die „Annexion“ im März 1938

Die Vertreter der drei Opferverbände beim Gedenken

{„type“:“block“,“srcClientIds“:[„0a536a7b-02cf-442f-974c-3deedf758a6d“],“srcRootClientId“:““}Der Einmarsch der Deutschen Wehrmacht und die Machtübernahme der Nazis
in Österreich am 11./12. März 1938 waren begleitet von einem tagelangen antijüdischen Pogrom auf den Straßen Wiens und einer beispiellosen Verhaftungswelle gegen alle NS-GegnerInnen, die in behelfsmäßigen Gefängnissen“ der Nazis gedemütigt und gefoltert wurden.

Am 1. April 1938 verschickte die neugegründete Gestapozentrale
Wien im so genannten „Prominententransport“ die ersten 150 Verhafteten
vom Westbahnhof aus ins KZ Dachau.

Zum Gedenken an diese Ereignisse legten die Vertreter der ÖVP-Kameradschaft der politisch Verfolgten (Gerhard Kastelic), des Bunds Sozialdemokratischer FreiheitskämpferInnen (Gerald Netzl) und des KZ-Verbands (Friedl Garscha) in der Arbeitsgemeinschaft der NS-Opfer-Verbände und WiderstandskämpferInnen auch in diesem Jahr wieder Kränze an drei zentralen Gedenstätten für die Opfer der
NS-Herrschaft in Wien nieder: in Floridsdorf Am Spitz (wo die SS in den letzten Kriegstagen drei Männer des militärischen Widerstands ermordete, die Wien den sowjetischen Befreiern kampflos übergeben wollten); im Hinrichtungsraum des Landesgerichts Wien (wo unter der NS-Herrschaft Hunderte WiderstandskämpferInnen geköpft worden sind); und auf dem Morzinplatz, am Gedenkstein für die politischen und jüdischen Opfer der Gestapo.
Die sonst übliche Teilnahme von Schülerinnen und Schülern sowie von Angehörigen des Bundesheeres und von Mitgliedern unserer drei Verbände war diesmal – coronabedingt – nicht möglich. Die jährliche Gedenkveranstaltung am 1. April auf dem Westbahnhof entfiel.

Wir rufen schon heute alle unsere Mitglieder auf, im kommenden Jahr an den drei Gedenkveranstaltungen am Freitag, den 11. März 2022
(Floridsdorf/Landesgericht/Morzinplatz), und am Freitag, den 1. April
2022 (Westbahnhof) teilzunehmen!

Gedenken 2021 an die Februarkämpfe 1934

Facebook Titelbild zum Februargedenken

Die Februarkämpfe stellen gerade in Zeiten wie diesen, wo Krisen und Angst überhandnehmen, einen wichtigen und wertvollen Platz in der antifaschistischen Gedenkkultur dar.

Die Solidarität der Arbeiter_innenklasse war bis dahin beispiellos und die faschistische Macht schlich sich in die Demokratie, um sie von innen zu zerstören. Der Zeitpunkt für die Mahnung „Wehret den Anfängen“ ist längst überschritten worden. Dem KZ-Verband Wien ist daher besonders wichtig, an die Kämpfer_innen, die Opfer und besonders die Solidarität Jahr für Jahr erneut zu erinnern. Auch wenn Corona-bedingt das Gedenken dieses Jahr etwas umgestaltet werden musste.

Daher haben wir im Vorfeld den Februar in den Fokus unseres Online-Auftrittes gelegt. Ab dem 5. Februar wurde mit täglichen Beiträgen auf Facebook, Twitter und Instagram jeweils ein Ort und seine Geschichte vorgestellt, an dem die Kämpfe stattgefunden haben.

Anfänglich wurde das Parlament als Schauplatz des Endes der Ersten Republik vorgestellt. Danach wurde am Beispiel von Georg Weissel und seinen Genoss_innen an die Kämpfe und das Leben im Schlingerhof gedacht.

Die Kämpfe im Goethehof wurden, ebenso wie die Brüder Gregor und Valentin Strecha in einem Beitrag erwähnt. Der Wiener Zentralfriedhof wurde für einen Beitrag im Gedenken ebenfalls gewählt, um an die 118 Opfer der Februarkämpfe zu gedenken.

Am 12. Februar haben wir unter der Einhaltung der Corona-Schutzmaßnahmen am Gregor Weissel-Denkmal und am Schlingerhof selbst die alljährliche Kranzniederlegung durchgeführt. Unsere Kamerad_innen haben es sich zurecht nicht nehmen lassen, den unsterblichen Opfern die Ehre zu erweisen.

 

Gedenken am Gregor Weissel Denkmal
Redebeitrag des Landessekräter Ernst Wolrab als Vertretung für die Landesobfrau Dagmar Schindler bei der Gedenkveranstaltung am Goethhof

Dabei haben wir, wie immer und unter Einhaltung der Corona-Schutzmaßnahmen, auch am jährlichen Gedenken der Februarkämpfe am Goethehof mit einem Redebeitrag teilgenommen.