Zum Tode verurteilt – nach sieben Monaten begnadigt: Edith Schober (18.8.1924 – 6.3.2013)

Erst jetzt wurde bekannt, dass die Widerstandskämpferin Edith SchobeSchober Edithr, geb. Gadawits, bereits Anfang März 2013 verstorben ist.

Edith Gadawits gehörte zu einer Gruppe Jugendlicher, die im Rahmen des Kommunistischen Jugendverbandes sich mit antifaschistischer Agitation unter Angehörigen der deutschen Wehrmacht befasste. Der von der Gestapo „Soldatenrat“ benannten Gruppe gehörten Dutzende Jugendliche an, die nicht nur in Wien, sondern auch in den Bundesländern aktiv war. Die Gruppe stellte eine Zeitung namens »Soldatenrat« her, von der nur zwei Nummern überliefert sind. Gleichzeitig produzierte sie auch Flugblätter, die sich an die Soldaten an der Ostfront wandten und in denen sie über den Charakter des Kriegs aufgeklärt und sie zur Flucht aus der Wehrmacht und zum Überlaufen zur Roten Armee aufgefordert wurden.

Zahlreiche dieser oft sehr jungen Burschen und Mädchen wurden intensiv von der Gestapo verfolgt, ausgeforscht, vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und hingerichtet.

Edith Gadawits war, wie viele dieser Jugendlichen, sehr naturverbunden und bei jeder Gelegenheit wandernd und bergsteigend unterwegs, und lernte auf einer dieser Kletterpartien am Peilstein den Pottensteiner Felix Imre kennen, der sich diesen Jugendlichen anschloss. Am 28.2.1942 wurde sie verhaftet, und hatten eineinhalb Jahre später, am 24.9.1943, vorm 5. Senat in Krems mit Imre ihre Hauptverhandlung, bei der beide zum Tode verurteilt wurden. Während Felix Imre kaum 40 Tage nach dem Urteil bereits am 2. November 1943 im Wiener Landesgericht geköpft wurde, saß Edith Gadawits sieben Monate in der Todeszelle, bevor sie am 6. Mai 1944 die Mitteilung bekam, dass sie zu 12 Jahren Zuchthaus begnadigt worden ist. Bis zur Befeiung war sie im Landesgericht (damals Landgericht) Krems inhaftiert.

15 Jahre nach ihrer Befreiung schrieb sie in einem Artikel (Ich war sieben Monate in der Todeszelle, in: »Tagebuch«, November 1962, S. 7) über diese Zeit und über die Frauen, die mit ihr auf die Hinrichtung warteten. Eindrucksvoll schildert sie darin die psychischen Belastungen, denen die Frauen ausgesetzt waren, und die sie bis zuletzt nicht mehr losgelassen haben. In den letzten Jahren erzählte sie in einigen Veranstaltungen jungen Menschen über diese Zeit und über ihre MitkämpferInnen, die nicht das Glück wie sie hatten, begnadigt zu werden. Und es ist nicht schwer zu verstehen, dass genau diese Problematik ihr immer gegenwärtig war. Am Schluss des besagten Artikels schrieb sie über ihre Gefühle, als sich die Türe der Todeszelle öffnete und ihr Name gerufen wurde:

„Zwei Monate später, am 6. Mai 1944, wurde ich gerufen. Obwohl das Mittagessen und die kritische Zeit des Tages bereits vorbei war, verließ ich, äußerlich zwar ruhig, doch mit zitternden Knien, die Geborgenheit der Todeszelle. Misstrauisch sah ich hinter die Tür, ob dort der Kommandant des Gefängnisses, der die Häftlinge zur Hinrichtung persönlich holte, stand. Der Weg führte jedoch ins Dienstzimmer, wo ein höherer Justizbeamter mich zunächst um Namen, Verurteilung wann und wo usw. ausfragte. Danach teilte er mir mit, dass das Todesurteil aufgehoben und ich zu zwölf Jahren Zuchthaus begnadigt worden sei.

War ich vor zwei Minuten noch sicher, dass mir keine Angst anzumerken sei, und wusste ich vor zwei Minuten selbst nicht genau, ob ich überhaupt noch eines menschlichen Gefühles fähig wäre – all das änderte sich mit einem Schlag. Ein völliger Zusammenbruch löste die Spannung. Es dauerte lange, bis ich – den Menschen gegenüber – mein seelisches Gleichgewicht wieder gefunden hatte. Als ich nach einem weiteren Jahr aus dem Gefängnistor trat, hatte sich die Welt verändert. Nicht verändert hatte sich das Ziel, für das zu leben sich lohnt.“

 (Die komplette Wiedergabe dieses Artikels von Edith Schober findet sich in der 3. Auflage von „Mich könnt ihr löschen, aber nicht das Feuer“; kann über den KZ-Verband Wien bezogen werden).

Nach dem Krieg heiratete sie den Spanienkämpfer Rupert Schober (1912-1994). Getreu ihrer Überzeugung, dass es sich lohnt, die Welt zu verändern, hat sie in Veranstaltungen jungen Menschen über den illegalen, antifaschistischen Kampf erzählt. Sie nahm zuletzt an der Enthüllung des Denkmals für die hingerichtete Schwester Restituta (Helene Kafka), das Alfred Hrdlicka für die Barbarakapelle im Wiener Stephansdom schuf, oder bei der Buchpräsentation von „Mich könnt ihr löschen, aber nicht das Feuer“ im Wiener Landesgericht teil.