Zum Massensterben im Mittelmeer

Der KZ-Verband als Organisation der Überlebenden der NS-Diktatur und als Bewahrer des An­denkens an die Ermordeten und an jene, die von diesem Regime in die Flucht getrieben wor­den waren, ist empört über die jüngsten Reaktionen der EU-Institutionen und der öster­rei­chischen Bundesregierung.

Seit den Flüchtlingstragödien im Mittelmeer vor zwei Jahren war allen Verantwortlichen klar, dass es nur dann möglich ist, weitere Tausende vor dem Ertrinken zu retten, wenn die poli­ti­schen, finanziellen, technischen und organisatorischen Möglichkeiten der Union genützt wer­den, um Rettungsprogramme für Schiffbrüchige wie das italienische „Mare Nostrum“ auszu­bauen und effizienter zu gestalten. Stattdessen wurde – auch auf Druck aus Österreich! – das italienische Rettungsprogramm eingestellt. Sich jetzt vor den Toten zu verbeugen und so zu tun, als könne das Massensterben dadurch beendet werden, dass den Schleppern der Kampf angesagt wird, ist scheinheilig. Damit wird auch die Mitschuld der europäischen Regierungen – darunter der österreichischen – an dieser humanitären Katastrophe ausgeblendet. Diese Ka­tastrophe ist wesentlich verursacht durch die Einwanderungspolitik der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Die repressiven Einwanderungsbestimmungen der EU wurden von allen Regierungen mitverhandelt und mitbeschlossen. Wir verlangen von der österreichischen Bun­des­regierung, sich zu dieser Verantwortung zu bekennen und daraus die Konsequenz zu zie­hen, innerhalb der EU-Institutionen eindeutig Stellung zu beziehen gegen alle Versuche, Eu­ropa weiter abzuschotten.

70 Jahre nach der Befreiung Österreichs von Rassenwahn, Unterdrückung und Verfolgung ha­ben wir die Verpflichtung, allen Menschen zu helfen und ein würdiges Leben zu ermöglichen! Als Sofortmaßnahme fordern wir eine umfassende Hilfe für Italien zur Rettung aller Boots­flüchtlinge und ihren uneingeschränkten Zugang in die Europäische Union. Als nächster Schritt müssen legale Möglichkeiten zur Flucht in die EU geschaffen werden.

KZ-Verband Wien, 21. April 2015