Moritz Nagler (25.4.1916 – 21.10.2013)

Im 98. Lebensjahr verstarb in Wien Obermedizinalrat Dr. Moritz Nagler. Nagler war es nach der nationalsozialistischen Machtübernahme gelungen, nach Rumänien zu flüchten. Nachdem sich Rumänien im Zuge der Teilnahme rumänischer Truppen am deutschen Überfall auf die Sowjetunion im Juli 1941 das 1940 zwangsweise an die UdSSR abgetretene Bessarabien (heute Moldawien) „zurückgeholt“ hatte, verübten rumänische und deutsche Einheiten – teilweise mit Unterstützung der einheimischen ukrainischen Bevölkerung – in den Sommer- und Herbstmonaten 1941 entsetzliche Massaker an der jüdischen Bevölkerung in Bessarabien, Transnistrien (dem Gebiet zwischen Dnjestr und südlichem Bug) und Odessa. Jenseits des Dnjestr richteten die rumänischen Behörden in den von den abziehenden sowjetischen Truppen evakuierten Siedlungen Lager ein, in die Jüdinnen und Juden aus Bessarabien und der ebenfalls annektierten Bukowina sowie jüdischer Flüchtlinge, die zunächst in Rumänien Zuflucht gefunden hatten, abgeschoben wurden – großteils unter Bedingungen, die den Betroffenen als „Todesmärsche“ in Erinnerung blieben. Tausende Menschen verhungerten oder erfroren in den Lagern oder gingen an Seuchen zugrunde. Moritz Nagler und seine Frau Friederike wurden am 28. Oktober 1941 nach Transnistrien deportiert und bis zu ihrer Befreiung durch sowjetische Truppen am 15. März 1944 im Dorf Tibulovca (ukrainisch Topolivka, zwischen Vinnycja/Winnitza und Umanj gelegen) interniert. Gemeinsam mit anderen Überlebenden gründeten die beiden in Bukarest eine „Vereinigung der nach Transnistrien verschickt gewesenen Personen“, konnten aber im Juni 1946 nach Wien zurückkehren. Hier schlossen sie sich dem „Aktionskomitee der wegen ihrer Abstammung Verfolgten“ im KZ-Verband an.

Bestätigung des rumänischen Vereins der Transnistrien-Deportierten für Moritz und Friedrike Nagler
Bestätigung des rumänischen Vereins der Transnistrien-Deportierten für Moritz und Friedrike Nagler

Moritz Nagler nahm sein Medizinstudium, das er 1938, als 22-jähriger, abzubrechen gezwungen war, wieder auf, wurde Facharzt für Innere Medizin und war zuletzt Primararzt am Krankenhaus Klosterneuburg. Auch als Mitglied der Sozialdemokratischen Ärztevereinigung blieb er dem KZ-Verband verbunden.