Stellungnahme zum Vortrag der PH Wien

Sehr geehrte Frau Priv.-Doz.in Mag.a Dr.in Barbara Herzog-Punzenberger,
sehr geehrter Herr HS-Prof. Mag. Dr. Norbert Kraker,
sehr geehrte Frau HS-Prof.in Mag.a Dr.in Elisabeth Sieberer,

Ebenso überraschend wie schockierend erlangte uns die Information, dass bei einer Informationsveranstaltung der Pädagogischen Hochschule Wien die Kommunistische Jugend Österreichs als ein Beispiel und eine Vertreterin „antisemitische[r] Perspektiven von Links“ dargestellt und ihr „Relativierung, Rechtfertigung, [und] Glorifizierung antisemitischen Terrors“ vorgeworfen wurde.

Hier ist nicht der Platz, den antifaschistischen Widerstand und die Opfer der KJÖ bzw. deren Vorgängerorganisation des seinerzeit illegalen Kommunistischen Jugendverbands Österreich (KJVÖ) – welcher aufgrund seines ausgeprägten Antifaschismus im Austrofaschismus bereits am 23.9. 1931 (!) verboten wurde – historisch im Detail nachzuzeichnen oder in Erinnerung zu rufen. Als Beispiel für diese Arbeit im Widerstand der KJVÖ dürfen wir Ihnen hier die Biographie von Fritz Probst, maßgeblich beteiligt an der Gründung der Young Austria und als Soldat der britischen Armee an der Befreiung Österreichs beteiligt empfehlen. Fritz war jüdischer Abstammung und zeitlebens ein hochangesehener Zeitzeuge in Schulen und Jugendeinrichtungen österreichweit.

Diesbezüglich mag im hiesigen Kontext die Feststellung aus dem Präludium der Dissertation von Walter Göhring „Der illegale Kommunistische Jugendverband Österreich“ von 1971 genügen: Der KJV wurde „vor allem im bedingungslosen Kampf und Widerstand gegen den Nationalsozialismus zu einer der dominierenden Widerstandsorganisationen zur Befreiung Österreichs.“ (Vgl. ebenso: Dr. Willi Weinert, „Der Kommunistische Jugendverband in der Illegalität vor 1938“ und „Der Kampf um Österreichs Freiheit – der KJV 1938–1945“, in: „Beiträge zur Geschichte der kommunistischen Jugendbewegung in Österreich“, Kapitel. 4 bzw. 6, Wien 1981). Ein Konstitut der KJÖ, dass sie auch seit ihrer Wiedergründung (am 10.5. 1970 aus der FÖJ) geradezu wesensmäßig charakterisiert.

Dementsprechend war und ist die KJÖ auch durch die Jahrzehnte, die letzten Jahre und aktuell ein Motor des Antifaschismus und Kampfes gegen Rassismus und Antisemitismus im Land. Sowohl gegen deren Erscheinungen alten Stils, wie gegen deren Aufritt in neuem Gewand, und deren brandgefährlicher gegenwärtiger Potentiale. In diesem arbeiten wir als KZ-Verband/VdA Wien auch eng mit der KJÖ zusammen und engagieren sich zugleich viele Mitglieder des kommunistischen Jugendverbandes aktiv im KZ-Verband/VdA und an dessen Aktivitätsfeldern. Gemeinsam arbeiten wir auch in antifaschistischen Bündnissen, die maßgeblich an der Bewusstseinsbildung der letzten Jahrzehnte beigetragen haben. So haben wir unter anderem die Proteste gegen das alljährliche „Totengedenken“ der deutschnationalen, schlagenden Burschenschaften – gemeinsam mit vielen Antifaschist:innen, unterschiedlichster parteipolitischer Zugänge – endlich beendet.

Entsprechend hängt sich die oben genannte Punzierung der KJÖ auch am Nahostkonflikt auf. Die darin virulente Gleichsetzung einer Kritik an Israel und der geschichtlichen wie aktuellen israelischen Politik im Palästinakonflikt als ‚Antisemitismus‘, genauer: „antisemitische Perspektive von links“, stellt nicht nur eine Missdeutung des Begriffs dar (um es mit Moshe Zuckermann und der AutorInnen und UnterzeichnerInnen der „Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus“ vom 26.3. 2021 nicht strenger zu formulieren), sondern, – auch darin ist der KJÖ zuzustimmen –, beraubt den Begriff des Antisemitismus auch seiner historischen Bedeutung, seinem theoretischen Skopus, seiner analytischen Schärfe und politischen Funktion. Im Kern gilt unverändert, was Peter Gingold (deutsch-jüdischer kommunistischer Widerstandskämpfer, bis zu seinem Ableben politisch aktiv in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN/BdA) und gefragter Zeitzeuge in der Gewerkschaftsjugend, in Antifagruppen und an Schulen), bereits vor zwei Jahrzehnten über die Thematik „Nahostkonflikt und Antisemitismusdebatte“ reflektierend schrieb: „Wenn ich über meine Lebensgeschichte spreche, komme ich nicht umhin, auch meine jüdische Herkunft zu erwähnen. Erwartungsgemäß groß ist deshalb die Neugierde, was ich zum Nahostkonflikt und zur Antisemitismus-Debatte zu sagen habe. … Da habe ich immer viel Mühe, den Irrtum auszuräumen, Kritik an Israel sei ein Tabu. … Gewiss haben die Deutschen [resp. Österreicher] besonders darauf zu achten, dass der Nahostkonflikt nicht benutzt wird, um den Antisemitismus, der stets in einem Teil der Bevölkerung virulent ist, wiederzubeleben. Antisemitisch wäre es, wenn nicht nur die Politik Scharons [heute des rechten Kabinetts Netanjahus] verurteilt, sondern ganz Israel in Frage gestellt wird …Wer sich dessen bewusst ist … dem darf die Verurteilung“ der Politik Israels „niemals als antisemitisch ausgelegt werden.“ (MB, 6-02, November/Dezember 2002, Essen)

Dem würde auch die FIR (Internationale Föderation der Widerstandskämpfer. Bund der Antifaschisten) sowie – eingedenk der schockierenden Gräueltaten der Hamas vom 7. Oktober auch aktuell – hunderte jüdische Intellektuelle beipflichten. Unter ihnen, um nur einige beispielhaft zu nennen, etwa der arrivierte israelische Holocaust- und Genozidforscher Raz Segal oder die jüdisch-US-amerikanische Politikwissenschafterin Rosalind Petchesky, die im Rahmen der „Not In Our Name“-Kampagne jüngst eindringlich formulierte: „Ich heiße Rosalind Petchesky. Ich bin hier mit vielleicht tausend anderen, viele von uns Juden. Aber wir sind hier, um gegen“ die israelische Militäroffensive [sie formulierte die ‚Vergeltungsschläge‘ drastischer] „zu protestieren, der in unserem Namen stattfindet. Es muss aufhören. … Wir glauben an Gerechtigkeit und das Recht, für alle zu leben. Aber die Palästinenser sind seit 75 Jahren Opfer der Unterdrückung [was als Position den letztlich inkriminierenden Punkt gegen die KJÖ bildet], und sie muss aufhören. Deshalb sind wir hier, um zu sagen: ‚Nicht in unserem Namen‘. Ich bin älter als der Staat Israel.“ Anknüpfend an den jüdisch-led Sit-in im Grand Central von New York City bei welchem Rosalind Petchesky diese Worte äußerte, formulierte Craig Mokhiber – der am 28. Oktober 2023 aufgrund der Reaktionen auf den Gaza-Krieg bekanntlich als Direktor des New Yorker Büros des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte zurücktrat – den hiesigen Kontext betreffend tags drauf ebenfalls: „Gestern, nur wenige Straßen von hier entfernt, wurde die New Yorker Grand Central Station von Tausenden jüdischen Menschenrechtsaktivist*innen besetzt, die sich mit dem palästinensischen Volk solidarisierten und ein Ende der israelischen Tyrannei forderten (viele riskierten dabei ihre Verhaftung). Damit haben sie die israelische Hasbara-Propaganda (und die alte antisemitische Floskel), dass Israel das jüdische Volk repräsentiert, mit einem Schlag entkräftet. Das tut es nicht. Israel ist allein für seine Verbrechen verantwortlich.“ (juedische-stimme.de, 3.11. 2023)

Deshalb fordern auch wir als KZ-Verband/VdA Wien auch unsererseits die PH Wien auf, erstens etwaige eventuell noch verfügbare Vortragsunterlagen zu diesem Vortrag, welche die Falschaussagen über die KJÖ enthalten, nicht länger der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Zweitens drängen wir eindringlich darauf, künftig darauf zu achten, dass in den auf der PH Wien stattfindenden Vorträgen keine derartigen Unwahrheiten verbreitet werden. Erwarten uns drittens darüber hinaus allerdings nicht minder eine öffentliche Klarstellung der PH bezüglich dieser Punzierung der KJÖ.

In diesen herausfordernder Zeiten, gerade nach dem terroristischen Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023, wäre es wichtig sensibel und objektiv zu reagieren.
Einladungen zu Gesprächen, was unsere Forderungen betrifft nehmen wir gerne an.

Beste Grüße
Dagmar Schindler, Obfrau für den
Landesvorstand KZ-Verband/VdA Wien

9. November 1938

85 Jahre danach

Der diesjährige Gedenktag zu den Novemberpogromen 1938 steht unter schrecklichen Vorzeichen, wir haben uns als Wiener Landesverband daher entschlossen folgende Stellungnahme zu veröffentlichen.

Verwüsteter Innenraum des Wiener Stadttempels in der Seitenstettengasse. (Foto: DÖW)

Wir sind in tiefer Trauer über die vielen Toten der letzten Wochen und die grauenhafte Gewalt, die diesen Gedenktag überschatten.  Frauen, Kinder und Männer wurden in ihren Wohnungen hingerichtet, entführt, vergewaltigt und durch die Straßen gezerrt. Wir verurteilen den Terror der islamistischen Hamas, der – nicht nur im Nahen Osten – eine unfassbare Gewaltspirale ausgelöst hat. Wer diese Gewalttaten  „feiert“, feiert den Tod tausender Menschen, wer ihn als „Befreiung“ tituliert stellt dadurch seine Menschenverachtung zur Schau. Wir sind in Gedanken bei allen Menschen in Israel und in Gaza, die bei Bombenangriffen getötet und verletzt wurden. Unsere Anteilnahme gilt auch jenen, deren Angehörige und Freund:innen sich derzeit in der Gewalt der Hamas befinden,wir fordern die sofortige Freilassung der Geiseln.

Gerade am heutigen Gedenktag sind unsere Gedanken  bei den vielen Menschen in Israel, die einst die Shoah überlebten und Zuflucht in Israel fanden. Wir hoffen, dass alle diese schreckliche Zeit überstehen.

Der 7. Oktober 2023 war ein schwarzer Tag für alle, die sich im Nahen Osten für ein menschenwürdiges Leben und gegen religiösen Fanatismus einsetzen. Mit großer Hoffnung beobachteten wir davor die Entwicklungen in Israel, vor allem die tausenden Menschen auf den Straßen,  die sich für Demokratie und Frieden eingesetzt haben, auch viele Reservist:innen der israelischen Armee, die die Waffen nicht mehr in die Hand nehmen wollten. Diese demokratische Zivilbewegung in Israel und ihr Protest gegen den Demokratieabbau im eigenen Land dürfte vorerst an ihr Ende gekommen sein.

Die aktuellen Berichte zeigen, dass sich unsere Befürchtungen leider bewahrheiten, sowohl für die israelische als auch für die palästinensische Bevölkerung bringt der Terroranschlag vom 7. Oktober nur weitere Gewalt, Leid und Hass. Wir appellieren an die politischen Verantwortlichen, sich für die sofortige Freilassung der Geiseln einzusetzen. Wir warnen auch vor rassistischen Reflexen, die viele  Menschen, mit Antisemitismus gleichsetzen und von politischen Akteur:innen für ihre Zwecke missbraucht werden

Wir fordern glaubhafte diplomatische Gespräche, die Stehsätze einiger Politiker:innen in den letzten Woche sind für uns nicht glaubhaft. Wer sich auf Gedenkveranstaltungen die Bühne nimmt und den Antisemitismus verurteilt, möge das in diesem Moment schon so meinen. Bei uns kommt es allerdings nicht so an. Wer mit Vertretern zutiefst antisemitischen Gesinnungen Koalitionen in einigen österreichischen Bundesländern eingeht, in der Vergangenheit auch auf Bundesebene, denen nehmen wir dieses „nie wieder“ das immer wieder leicht über die Lippen kommt, nicht ab. Es bleibt bei einem schalen Lippenbekenntnis

Wir fordern den Schutz  unserer jüdischen Nachbarinnen und Nachbarn, nicht nur von den Verantwortlichen in den zuständigen Abteilungen. Es kann nicht sein, dass im 21 Jahrhundert so wenig Toleranz vorhanden ist, dass sich Menschen in Österreich nicht sicher fühlen.

Gerade heute, 85 Jahre nach den schrecklichen Gewalttaten an Jüdinnen und Juden während der Novemberpogrome, ist es wichtig den Blick auf die Ereignisse im Nahen Osten zu richten und diese Forderungen zu stellen.

Ganz im Sinne unserer Gründerinnen und Gründer, die vor 75 Jahren den KZ-Verband/VdA als überparteilichen Verein im Sinne der Opfer neu aufgebaut haben und der in diesem Sinne bis heute arbeitet. Wir haben uns verpflichtet dieses „nie wieder“ ernst zu nehmen. Ganz im Sinne des Mauthausenschwurs, der wie folgt endet.  

Wir wenden uns an die ganze Welt mit dem Ruf: Helft uns bei dieser Arbeit!
Es lebe die internationale Solidarität!
Es lebe die Freiheit!“

Das schönste Fest in Wien

Volksstimmefest 2. und 3. September 2023, Prater Jesuitenwiese

            PROGRAMM

SAMSTAG

Beginn 14:00

um 16:00 empfehlen wir den Besuch des Diskussionszeltes, neben Martina Renner dt. Bundestagsabgeordnete wird auch Simon Neuhold zum Thema „Bombenstimmung unter dem Hakenkreuz“

17:30 Uhr im Zelt des KZ-Verbandes

VORSTELLUNG DER ERNST KIRCHWEGER GEDENKPREIS GEWINNER 2023

Aktion kritische Schüler:innen

 Offenes Antifa Treffen

SONNTAG

14 bis 16 Uhr „FRÜHSHOPPEN“

Bianca & Exi

mit Manfred Pernold an der Gitarre

16 Uhr VORSTELLUNG DES 1. BERICHTS ZU POLIZEIGEWALT IN ÖSTERREICH

Antirepressionsbüro

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110. Geburtstag Jura Soyfer

110 Jahre JURA SOYFER – eine Einladung

Am 8. und 9. Dezember feiert das Personenkomitee Jura Soyfer den 110. Geburtstag des Ausnahmekünstlers

Jura Soyfer, geboren am 8. Dezember 1912, schuf bis zu seinem Tod im KZ Buchenwald im Jänner 1939 unter schwierigsten Bedingungen ein unglaublich starkes Werk – satirische Lyrik, Erzählungen, Theaterstücke sowie das Romanfragment „So starb eine Partei”. …..

einladendes Personenkomitee:

Ernst Berger             (KZ-Gemeinschaft Dachau)

Michael Graber        (Kommunistische Partei Österreichs)

Alexander Melach    (KZ-Gemeinschaft Buchenwald)

Gerald Netzl              (Bund sozialdemokratischer FreiheitskämpferInnen)

Dagmar Schindler    (KZ-Verband/VdA Wien)

Donnerstag,         8. Dezember 2022, 19:00

Werkl im Goethehof,Schüttaustraße 1, 1220 Wien


Teil 1: GEHN MA HALT A BISSERL UNTER

Lieder & Texte präsentiert von:

Vera Albert, Rudi Burda, Susita Fink, Reinhardt Honold, Ottwald John,

Peter Kaizar, Maren Rahmann, Angelika Sacher & Klaus Bergmaier

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Freitag,  9. Dezember 2022, 19:00

Werkl im Goethehof,Schüttaustraße 1, 1220 Wien

Teil 2:  DIE ORDNUNG SCHUF DER LIEBE GOTT

Lieder & Texte präsentiert von:

Vera Albert, Rudi Burda, Susita Fink, Reinhardt Honold,

Ottwald John

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mit Unterstützung von:

Termine Oktober und November

26. Oktober – Gedenken an die Opfer der NS-Militärjustiz 

09:00 Ballhausplatz, Deserteursdenkmal (Denkmal für die Opfer der NS-Militärjustiz

01. November – Totengedenken 

15:00, Zentralfriedhof, Mahnmal der Stadt Wien (Mahnmal für die Opfer für ein freies Österreich 1934–1945)  

9. November – Novemberpogrom 

18:00 Aspangbahnhof, es wird auch wieder eine Veranstaltung im 20. Bezirk geben- Beginnzeit dieser Veranstaltung wird nachgeliefert 

12. November – Gedenkveranstaltung Lackenbach 

08:30 Abfahrt Wien Praterstern – Busreservierungen bitte an office [at] kz-verband-wien.at

10:30 Gedenkveranstaltung beim Mahnmal für Roma und Sinti in Lackenbach 

12:00 Mittagessen in Kobersdorf, danach noch ein Spaziergang in Kobersdorf zu den Stätten des jüdischen Lebens in der Gemeinde, anschließend Rückfahrt nach Wien 

Reserviert euch auch bitte gleich den 8., 9., und 10. Dezember, gemeinsam mit der KPÖ Wien werden wir an diesen 3 Tagen Konzerte und Lesungen zum 110. Geburtstag von Jura Soyfer im Werkl im Goethehof veranstalten. Nähere Infos dazu folgen demnächst.