85 Jahre danach
Der diesjährige Gedenktag zu den Novemberpogromen 1938 steht unter schrecklichen Vorzeichen, wir haben uns als Wiener Landesverband daher entschlossen folgende Stellungnahme zu veröffentlichen.

Wir sind in tiefer Trauer über die vielen Toten der letzten Wochen und die grauenhafte Gewalt, die diesen Gedenktag überschatten. Frauen, Kinder und Männer wurden in ihren Wohnungen hingerichtet, entführt, vergewaltigt und durch die Straßen gezerrt. Wir verurteilen den Terror der islamistischen Hamas, der – nicht nur im Nahen Osten – eine unfassbare Gewaltspirale ausgelöst hat. Wer diese Gewalttaten „feiert“, feiert den Tod tausender Menschen, wer ihn als „Befreiung“ tituliert stellt dadurch seine Menschenverachtung zur Schau. Wir sind in Gedanken bei allen Menschen in Israel und in Gaza, die bei Bombenangriffen getötet und verletzt wurden. Unsere Anteilnahme gilt auch jenen, deren Angehörige und Freund:innen sich derzeit in der Gewalt der Hamas befinden,wir fordern die sofortige Freilassung der Geiseln.
Gerade am heutigen Gedenktag sind unsere Gedanken bei den vielen Menschen in Israel, die einst die Shoah überlebten und Zuflucht in Israel fanden. Wir hoffen, dass alle diese schreckliche Zeit überstehen.
Der 7. Oktober 2023 war ein schwarzer Tag für alle, die sich im Nahen Osten für ein menschenwürdiges Leben und gegen religiösen Fanatismus einsetzen. Mit großer Hoffnung beobachteten wir davor die Entwicklungen in Israel, vor allem die tausenden Menschen auf den Straßen, die sich für Demokratie und Frieden eingesetzt haben, auch viele Reservist:innen der israelischen Armee, die die Waffen nicht mehr in die Hand nehmen wollten. Diese demokratische Zivilbewegung in Israel und ihr Protest gegen den Demokratieabbau im eigenen Land dürfte vorerst an ihr Ende gekommen sein.
Die aktuellen Berichte zeigen, dass sich unsere Befürchtungen leider bewahrheiten, sowohl für die israelische als auch für die palästinensische Bevölkerung bringt der Terroranschlag vom 7. Oktober nur weitere Gewalt, Leid und Hass. Wir appellieren an die politischen Verantwortlichen, sich für die sofortige Freilassung der Geiseln einzusetzen. Wir warnen auch vor rassistischen Reflexen, die viele Menschen, mit Antisemitismus gleichsetzen und von politischen Akteur:innen für ihre Zwecke missbraucht werden
Wir fordern glaubhafte diplomatische Gespräche, die Stehsätze einiger Politiker:innen in den letzten Woche sind für uns nicht glaubhaft. Wer sich auf Gedenkveranstaltungen die Bühne nimmt und den Antisemitismus verurteilt, möge das in diesem Moment schon so meinen. Bei uns kommt es allerdings nicht so an. Wer mit Vertretern zutiefst antisemitischen Gesinnungen Koalitionen in einigen österreichischen Bundesländern eingeht, in der Vergangenheit auch auf Bundesebene, denen nehmen wir dieses „nie wieder“ das immer wieder leicht über die Lippen kommt, nicht ab. Es bleibt bei einem schalen Lippenbekenntnis
Wir fordern den Schutz unserer jüdischen Nachbarinnen und Nachbarn, nicht nur von den Verantwortlichen in den zuständigen Abteilungen. Es kann nicht sein, dass im 21 Jahrhundert so wenig Toleranz vorhanden ist, dass sich Menschen in Österreich nicht sicher fühlen.
Gerade heute, 85 Jahre nach den schrecklichen Gewalttaten an Jüdinnen und Juden während der Novemberpogrome, ist es wichtig den Blick auf die Ereignisse im Nahen Osten zu richten und diese Forderungen zu stellen.
Ganz im Sinne unserer Gründerinnen und Gründer, die vor 75 Jahren den KZ-Verband/VdA als überparteilichen Verein im Sinne der Opfer neu aufgebaut haben und der in diesem Sinne bis heute arbeitet. Wir haben uns verpflichtet dieses „nie wieder“ ernst zu nehmen. Ganz im Sinne des Mauthausenschwurs, der wie folgt endet.
Wir wenden uns an die ganze Welt mit dem Ruf: Helft uns bei dieser Arbeit!
Es lebe die internationale Solidarität!
Es lebe die Freiheit!“