27. April 1945: Die Zweite Republik – Männer und Frauen im Widerstand

Johann Brunner (geb. 11.05.1907), Automechaniker, war Mitglied der Widerstandsgruppe Moosbierbaum - DÖW
Johann Brunner, geb. am 11.05.1907 – Automechaniker- war Mitglied der Widerstandsgruppe Moosbierbaum. – Fotoquelle: DÖW

Zwei Wochen vor der Kapitulation Hitler-Deutschlands, zu einem Zeitpunkt, als der Großteil Österreichs noch in der Hand von Wehrmacht und SS war, unterschrieben Vertreter von ÖVP, SPÖ und KPÖ in dem von der Roten Armee befreiten Wien am 27. April 1945 die Unabhängigkeitserklärung, das Gründungsdokument der Zweiten Republik.
Die Wiederherstellung Österreichs als unabhängiger, demokratischer Staat wurde ermöglicht durch den Sieg der alliierten Armeen über die Deutsche Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg, der über fünfzig Millionen Menschenleben forderte. Auch im Inneren des nationalsozialistischen Herrschaftsbereichs stellten sich Menschen der nationalsozialistischen Ausrottungspolitik entgegen, die Millionen Menschen das Recht zu leben absprach: Juden/Jüdinnen, sowjetischen Kriegsgefangenen, Sinti und Roma, „Volksschädlingen“, psychisch Kranken und vielen anderen, die „ausgemerzt“ werden sollten, weil die Nazi-Propaganda sie als „minderwertig“ klassifizierte.
Diese Männer und Frauen, die Widerstand gegen politische und rassistische Verfolgung leisteten, riskierten ihr Leben.
Allein im Hinrichtungsraum des Wiener Landesgerichts wurden über fünfhundert GegnerInnen des NS-Regimes wegen ihres aktiven Widerstands geköpft, Tausende wurden in den Konzentrationslagern ermordet oder zu Tode geschunden. Die im Landesgericht und auf der Schießstätte Kagran Hingerichteten wurden anonym auf dem Zentralfriedhof, in der Gruppe 40, beerdigt. Nach der Befreiung errichteten zunächst Angehörige den Hingerichteten Gedenksteine. Später übernahm das Innenministerium die Pflege dieser Anlage, die 2013 zur Nationalen Gedenkstätte erklärt wurde.

Gedenken an den 27. April 1945 am Zentralfriedhof "Gruppe 40" 2021
Gedenken an den 27. April 1945 am Zentralfriedhof „Gruppe 40“ mit Innenminister Nehammer, Bundespräsident Van der Bellen, Gerald Netzl (Bundesverband Sozialdemokratischer FreiheitskämpferInnen), Gerhard Kastelic (ÖVP-Kameradschaft der politisch Verfolgten) und Friedl Garscha (KZ-Verband Wien)


Am 26. April 2021 trafen einander Vertreter des KZ-Verbands, der Sozialdemokratischen FreiheitskämpferInnen und der ÖVP-Kameradschaft der politisch Verfolgten zu einer gemeinsamen Kranzniederlegung mit dem Bundespräsidenten und dem für die Gruppe 40 zuständigen Innenminister. Die Veranstaltung war schon im Vorjahr geplant gewesen, um anlässlich des 75. Jahrestags der Gründung der Zweiten Republik der Männer und Frauen des Widerstandes zu gedenken, musste coronabedingt aber abgesagt werden. Auch heuer konnte sie nur in kleinstem Rahmen stattfinden. Im Anschluss an die Kranzniederlegung führte Friedl Garscha den Bundespräsidenten Van der Bellen und den Innenminister Nehammer über das Gelände der Gedenkstätte, auf dem im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft der Opferverbände zusätzliche Gedenksteine für Hingerichtete aufgestellt worden waren.

In den nächsten Monaten wird die Arbeitsgemeinschaft in der Gruppe 40 für jene vierzig WiderstandskämpferInnen, an die bisher noch kein Gedenkstein erinnert, Steine setzen – an den Stellen, an denen sie nach ihrer Hinrichtung bestattet wurden.
Weiters wird die Arbeitsgemeinschaft auch eine Webseite für die Nationale Gedenkstätte „Gruppe 40“ einrichten, auf der die von Willi Weinert recherchierten Biografien der hier geehrten WiderstandskämpferInnen abgefragt werden können.